
Was ist nicht alles zu organisieren, zu planen, zu kaufen, zu überdenken, damit die Tage um die Weihnachtszeit würdevoll zu überstehen sind. Und damit sind nicht die Geschenke gemeint. Einladungen, Festessen, Partys oder einfach nur der ruhige Abend mit der Familie. Nichts wird dem Zufall überlassen. Neben Keksen, Gans und Bleigießen spielt gerade in diesen Tagen das (nicht nur) europäische Kulturgut Wein eine entscheidende Rolle. Hier werden Klischee und Prestige, Blamage an der Festtagsfront und Angst vor »falschen« Entscheidungen zum Stressfaktor. Gerade an den besonderen Tagen muss alles stimmen, nichts darf schiefgehen. Und umso lieber greift man auf klassische Muster zurück, das geht oft genug schief.Warum nicht einmal neue Wege gehen?
Unbestritten freue auch ich mich auf die harmonischen Tage mit meinen Lieben. Und was wünsche ich mir besonders? Gute Gespräche, entspanntes Miteinandersein, Füreinanderdasein, viel Gefühl und Wohlbefinden. Natürlich trägt dazu jedes Detail des Abends bei. Aber letztlich entscheidend ist nur der Mensch. Selbstverständlich möchte ich bei meinen Gesprächen mit meinem Opa nicht irgendeine Plörre nebenher aus dem Plastikbecher schlürfen. Aber muss es unbedingt der 1990er Mouton Rothschild sein? Muss ich zum Anstoßen am Jahreswechsel den 2002er Krug Vintage Champagner über der heimischen Terrasse verspritzen?
Verstehen Sie mich nicht falsch! Besondere Tage dürfen gerne mit besonderen Getränken gefeiert werden. Aber sehen Sie es mal so: So ein Wein ist an und für sich auch eine Art Plaudertasche, mindestens ein lebendiges Produkt mit Launen, Befindlichkeiten und Lautstärken. Und so mischt er sich auch bei Ihnen zu Hause ein. Es gibt die Lauten, die mit ihrem Duft und ihrer Ausdruckskraft Speisen und ebenso Gespräche überlagern. Es gibt die Schüchternen, die Leisen, die sich nicht von selbst trauen und denen man eine Chance geben muss, damit sie ihre Geschichte erzählen können. Und es gibt die Diven, die nicht dran denken, Ihnen zu zeigen, was sie können, wenn Sie ihnen nicht bedingungslos zuhören.
Was ich damit sagen will: Überlegen Sie, welchen Wein Sie für welchen Anlass wählen. Und seien Sie mutig, seien Sie spontan und offen! Gönnen Sie sich die besondere Flasche, die mit Ihnen zusammen die besondere innige Stimmung des Beisammenseins unterstützt, die sich mit ihren tiefen Aromen in Ihre Betrachtungen drängt und Ihnen einen Mehrwert dieses Abends beschert. Das Aroma des Weins, das Sie an diesem Abend noch beim Einschlafen am Gaumen haben und das sich mit Ihren Gedanken an die guten Gespräche mischt.
Zweites Szenario: Familie an Heiligabend, dreißig Personen, es wird viel gelacht, viel gegessen, viel beschenkt, viel gefeiert, es ist laut ... brauchen Sie noch einen Star an diesem Abend? Also ein Wein, der ein guter Freund ist. Zuverlässig, gut, für alle eine Freude, aber nicht vorlaut. Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie sich im Fachhandel beraten. Wein muss schmecken und Freude bereiten. Das Beste, was aus einer Flasche Wein werden kann, ist eine gute Erinnerung! In diesem Sinne: Genießen Sie ihn in jeder Lebenslage.
Und seien Sie offen für »Tabubrüche«! Zum gebratenen Fisch mit Speck und würziger Sauce darf es gern auch mal ein roter Cabernet Franc aus dem Chinon sein. Zur Gans passt ideal ein kräftiger Chardonnay, zum Käse ist Weisswein meist die bessere Wahl, sofern er nicht zu säurebetont ist, es gibt so viele Kombinationen, die ausprobiert werden wollen. Seien Sie mutig!